Felix Feschtli Vol. 1

Basler Zeitung / Christen Corina cc 14.09.2000
Angerichtet
Tag der offenen Tür bei Felix Festli
Felix Festli wird 25. Willkommener Anlass zum Feiern. Und Felix Festli hat einen grossen Freundeskreis - sowie eine Altstadtwohnung mit Dachterrasse...
Es war ein heisser Sommerabend; Felix Festli hatte vorgesorgt und reichlich Tranksame angeschleppt, unter anderem auch ein Fass Bier. Als angehender Student der Jurisprudenz und Sohn eines stadtbekannten Anwaltes hatte er auch anderweitig vorgesorgt: Er hatte auf dem nahen Polizeiposten angerufen und die Party angekündigt. Für den Fall, dass Reklamationen eintreffen sollten, gab er seine Handynummer an und teilte mit, er würde die Türe zur Strasse offen lassen, falls eine Intervention nötig würde.
Die Reklamationen liessen nicht lange auf sich warten. Schon beim Öffnen des Bierfässchens ergoss sich ein Schwall über das Geländer auf die Strasse beziehungsweise auf den Sonnenstoren des dort befindlichen Boulevard-Cafés, was den Wirt zum Telefon greifen und die Polizei anrufen liess. Auf der Dachterrasse herrschte derweil bereits Hochstimmung, unterstützt von lauter Musik aus der Stereoanlage. Jetzt trafen die nächsten Reklamationen aus der Nachbarschaft ein. Als schliesslich noch die Cliquen-Kollegen ihre Piccolos hervorzogen und die Tambouren auf den Blechtischen zu trommeln begannen, war der Lärmpegel so hoch, dass das Klingeln des Handys ebenso ungehört verhallte wie das Klopfen der wenig später aufkreuzenden Polizisten an der Haustür.
Die Polizisten klopften ein bisschen lauter, «relativ energisch», wie sie sich vor Gericht ausdrückten. Plötzlich war die Tür offen - und das Schloss kaputt. Aber immerhin konnte die Polizei jetzt zum Ort des Geschehens vordringen. Dort herrschte ein derartiges Gedränge, dass sie nur dank ihrer Uniformen erkannt und nicht für späte Gäste gehalten wurden. Sie fragten sich zum Wohnungsbesitzer durch, welcher unverzüglich die Anlage leise stellte, um sich überhaupt unterhalten zu können. «Es war laut, zu laut, das war mir klar», gab Felix Festli offen zu. «Aber am meisten schien die Polizisten geärgert zu haben, dass sie nicht ins Haus konnten - vermeintlich -, denn die Tür war offen!» War das Schloss denn tatsächlich beschädigt?» wollte die Richterin wissen. «Natürlich, ich habe den Schlüsseldienst kommen lassen, und die Kosten dafür wurden vom Polizeikommando kommentarlos übernommen!» berichtete Felix Festli nicht ganz frei von Schadenfreude. «Die Tür - eine schöne alte Eichentür - hat nämlich einen Knauf aus Messing in der Mitte, und wenn man daran dreht, zieht im Inneren eine kleine Kette den Riegel zurück, und - o Wunder - schon geht die Tür auf!» «Und dann folgte die Beschimpfung?» fragte die Richterin. «Beschimpfung? Wie man es nimmt. Nachdem sich die Polizisten ausführlich darüber beklagt hatten, dass die Tür zu war, erklärte ich ihnen die Funktion des Türknaufs und fügte bei, wenn sie das nicht herausgefunden und buchstäblich offene Türen eingerannt hätten, dann stünden sie da wie Deppen und das sei vermutlich, was sie am meisten ärgere. Ich sagte aber nicht, sie seien Deppen, nur' sie stünden da wie Deppen.» Die Richterin hatte nicht viel übrig für solche Wortklaubereien. «Sie geben aber zu, dass Sie die Polizisten beleidigt haben?» «Es war nicht meine Absicht, aber wenn es so war, dann entschuldige ich mich dafür in aller Form», sagte Felix Festli mit Nachdruck und einem prüfenden Blick zum Gerichtsschreiber, ob dieser seine sich zweifellos strafmildernd auswirkende Entschuldigung auch aufnotiert hatte, für den Fall, dass es zu einem Schuldspruch kommen sollte.
Und es kam dazu. Da half auch das Plädoyer des stadtbekannten Papa nichts, aber die Strafhöhe hielt sich in Grenzen: 250 Franken Busse wegen Ehrverletzung, Lärm und - letzteres galt der Bierschwemme - Unfug. Vom Vorwurf der Diensterschwerung - damit wäre das Aussperren der Polizisten gemeint gewesen - wurde Felix Festli freigesprochen. Bleibt ihm der Trost, dass er die Tür auf Kosten der Polizei hat reparieren lassen können und dass Papas Verteidigung vermutlich unentgeltlich war.
Corina Christen In der Rubrik «Angerichtet» ist von tatsächlichen Gerichtsfällen die Rede. Die Namen sind jedoch frei erfunden.